Wenn Sie selbständig tätig sind als Gewerbetreibender oder Freiberufler, müssen Sie auch damit rechnen, dass das Finanzamt zu irgendeinem Zeitpunkt eine Betriebsprüfung durchführen möchte und damit die Besteuerungsgrundlagen überprüfen möchte, die mit den eingereichten Steuererklärungen und Jahresabschlüssen (Bilanz oder Einnahmen-Überschussrechnung) bei der Veranlagung durch das Finanzamt zugrunde gelegt wurden. Da nicht jeder Einnahmen- und Ausgabenbeleg zusammen mit den Steuererklärungen eingereicht wird und somit auch nicht im Detail überprüft werden kann, erfolgen regelmäßig Außenprüfungen durch das Finanzamt. In welchen Abständen eine solche Prüfung stattfindet hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem auch von der Größe des zu prüfenden Betriebes. So gibt es Großbetriebe, die lückenlos geprüft werden und kleinere Gewerbebetriebe, die ggf. nur alle zehn bis fünfzehn Jahre mit einer Betriebsprüfung rechnen müssen.
Aber wie ist eigentlich der Ablauf einer solchen Betriebsprüfung?
Zunächst einmal erhält man vom Finanzamt eine schriftliche Prüfungsanordnung. Aus dieser Prüfungsanordnung kann man folgende Dinge ersehen:
- Wer soll geprüft werden
- Welche Steuerarten sollen geprüft werden (Einkommensteuer / Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer)
- Welcher Zeitraum soll geprüft werden?
–> In der Regel werden die letzten drei Kalenderjahre geprüft, die bereits bei dem zuständigen Finanzamt veranlagt wurden
- Wann soll die Betriebsprüfung beginnen
- Name des durchführenden Betriebsprüfers
Eine Begründung für die Außenprüfung muss in den meisten Fällen nicht erfolgen.
Der Prüfungsanordnung sind in der Regel auch Fragebögen beigefügt, in denen der Prüfer die vorhandene EDV abfragt. So kann der Prüfer bereits im Vorfeld klären, ob zum Beispiel eine elektronische Kasse verwendet wurde, die ausgelesen werden kann und in welcher Form die Buchhaltungsdaten bereitgestellt werden können oder ob es weitere relevante Software gibt, die prüfungsrelevant sein könnte.
Der Steuerpflichtige oder der Steuerberater kann dann mit dem Prüfer den Beginn der Prüfung absprechen. Ggf. ist auch eine Verschiebung des Prüfungsbeginns aus wichtigen Gründen denkbar, zum Beispiel aus Krankheitsgründen, Urlaub oder aber betriebliche Gründe –> Beispiel eines betrieblichen Grundes: Wenn die Prüfung den Betriebsablauf zu dem geplanten Zeitpunkt erheblich stören würde weil gerade Umbaumaßnahmen stattfinden.
Die Prüfung selber kann dann entweder im Betrieb durchgeführt werden oder aber beim Steuerberater, wenn der Betrieb eine Prüfung vor Ort nicht zulässt. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Unternehmer selbst nicht permanent vor Ort ist oder aber keine Räumlichkeiten / Schreibtisch für den Prüfer vorhanden ist. In der Regel bevorzugt der Prüfer aber eine Prüfung direkt im Betrieb. Denkbar ist als dritte Möglichkeit auch eine Prüfung im Amt, wenn weder im Betrieb selber noch beim Steuerberater ein Arbeitsplatz für den Sachbearbeiter zur Verfügung steht.
Die Betriebsbesichtigung durch den Betriebsprüfer
Zum Beginn der Prügung erfolgt aber in allen drei Fällen unabhängig vom tatsächlichen Ort der Prüfung zunächst einmal eine Betriebsbesichtigung vor Ort. Hier begeht der Prüfer zusammen mit dem Unternehmer und ggf. mit dem Steuerberater die betrieblichen Räumlichkeiten, um sich hiervon einen ersten Eindruck zu verschaffen. Hierbei erhält er die ersten Informationen über die Lage vor Ort. Daraus kann er dann u.a. schon folgende Dinge ableiten:
- Wie groß sind die betrieblichen Räumlichkeiten
- Gibt es auch privat genutzte Räume (wurden die betrieblichen Raumkosten richtig angesetzt? Gibt es „Durchgangszimmer“ die ggf. gar nicht als Arbeitszimmer angesetzt werden können? Wurde ein Privatanteil in der richtigen Höhe bemessen?)
- Wie ist die Ausstattung der Räumlichkeiten (Beispiel: Ist der Fernseher vor Ort, der als Betriebsausgabe angesetzt wurde?)
- Wie ist an sich der Ablauf vor Ort (gibt es Mitarbeiter etc.)
In einem aktuellen Fall habe ich es gerade erlebt, dass der Prüfer sich nach Begehung des Betriebes sämtliches Anlagevermögen zeigen ließ vom PC, Drucker, Kopieren über das Navigationsgerät, das Handy, die betriebliche Digitalkamera und die Telefonanlage.
Welche Unterlagen muss ich dem Prüfer zur Verfügung stellen
Nach der Betriebsbesichtigung werden dem Prüfer alle prüfungsrelevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt. Das sind in der Regel zunächst einmal die GDPdU-Daten der Buchhaltung, Eingangs- und Ausgangsrechnungen, Kassenbücher und Kontoauszüge des Prüfungszeitraumes. In der Regel verlangt der Prüfer auch die Kontoauszüge der Privatkonten. Prüfungsrelevant können zudem noch weitere Unterlagen sein wie zum Beispiel ein Fahrtenbuch, ggf. Terminkalender, wichtiger Schriftwechsel usw. Der Prüfer ist außerdem berechtigt, sich weitere relevante digitale Unterlagen vorlegen zu lassen wie bestimmte genutzte Software, Auslesung einer elektronischen Kasse usw.
Wie lange dauert die Betriebsprüfung?
Die Dauer einer Betriebsprüfung kann sehr variieren. Bei kleineren Betrieben ist der Prüfer oft schon nach ein bis zwei Tagen durch mit der Sichtung der Unterlagen, so dass im Anschluss seine Prüfungsfeststellungen erörtert werden können. In der Praxis gibt es aber auch Prüfungen, die sich wesentlich länger hinziehen.
Was wird vom Finanzamt geprüft?
Es gibt einige typische Dinge, die immer wieder Gegenstand einer Betriebsprüfung sind und zu entsprechenden Rückfragen und Prüfungsfeststellungen des Prüfers führen. Zu diesen „Top-Themen“ zählen:
- Ist die Kasse ordnungsgemäß geführt worden?
- Privatanteile für ein betriebliches Fahrzeug –> liegt ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vor? Wurde die 1% Regelung richtig angewendet? Liegt überhaupt eine betriebliche Verwendung des Fahrzeugs vor (–>Auto der Ehefrau)?
- Sind Formalien eingehalten worden? –> Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung, Aufbewahrungspflichten, Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung usw.
- Gibt es Verträge mit nahen Angehörigen (z.B. Arbeitsvertrag, unverzinsliches Darlehen) und entsprechen diese einem Vertrag wie zwischen fremden Dritten?
- Je nach Branche wird eine Kalkulation durchgeführt z.B. in der Gastronomie, die oft zu Hinzuschätzungen führt, da der Wareneinsatz im Prüfungsbetrieb zu hoch ist oder andere Abweichungen festgestellt wurden. Oder aber diese Eckdaten werden anhand von Richtsatzsammlungen geprüft und verglichen mit einem „Durchschnittsbetrieb“ der Branche. Dieses ist regelmäßig ein schwieriger Aspekt, wenn man Gründe dafür finden muss, warum der eigene Betrieb vom Durchschnitt abweicht. Gerade in Betrieben mit regelmäßigen Bareinnahmen (Gastronomie, Friseur, Nagelstudio etc.) führt dieses häufig in Kombination mit einer nicht ordnungsgemäßen Buchhaltung zum Beispiel durch unzureichende Kassenaufzeichnungen zu zum Teil nicht unerheblichen Hinzuschätzungen.
- Liegen ausreichend „ungebundene“ Privatentnahmen vor? Unter ungebundenen Privatentnahmen versteht man Entnahmen (zumeist glatte Beträge), die zur freien Verfügung stehen für den privaten Lebensunterhalt. Hierunter fallen demnach also Geldabhebungen vom Konto für Lebensmitteleinkäufe, Urlaub, Kleidung und sonstige Verbrauchsgüter, die neben gebundenen Entnahmen wie private Mieten oder Hausaufwendungen, private Versicherungen oder private Steuerzahlungen anfallen. Diese Entnahmen müssen nicht zwingend vom Firmenkonto erfolgen, sofern weitere Einkünfte vorhanden sind, die die Lebenshaltungskosten decken (Beispiel: privates Girokonto des Ehepartners mit Lohneinkünften, von dem die Abhebungen erfolgen oder ein Vermietungskonto, auf dem Mieteinnahmen eingehen etc.).
- Im Gegenzug können auch zu hohe Privatentnahmen misstrauisch machen (Sind alle Zinseinkünfte versteuert?)
Der Betriebsprüfer hat alle Belege gesichtet – was nun? Die Schlußbesprechung
Nachdem der Betriebsprüfer alle Unterlagen geprüft hat, stellt dieser in der Regel alle Prüfungsfeststellungen zusammen, nachdem alle Rückfragen beantwortet werden konnten.
Zum Abschluss der Prüfung findet, sofern erwünscht, eine Schlussbesprechung statt. An dieser nimmt in den meisten Fällen der Steuerpflichtige, der Steuerberater, der Betriebsprüfer und oftmals auch der Sachgebietsleiter des zuständigen Finanzamtes teil. In der Abschlussbesprechung werden der Reihe nach nochmals alle Prüfungsfeststellungen besprochen und es wird sich hier in Zweifelsfällen auf ein gemeinsames Ergebnis geeinigt, sofern es „Verhandlungsspielraum“ gibt.
Der Prüfer fertigt dann im Anschluss an die Schlussbesprechung im Amt einen Prüfungsbericht an, in dem alle Feststellungen und die Einigungen noch einmal schriftlich fixiert werden mit ggf. entsprechenden Berechnungen als Anlage. Hier wird auch eine Prüferbilanz aufgestellt und die Auswirkungen der Prüfung dargelegt (Gewinn/Verlust vor Prüfung und Gewinn/Verlust nach Prüfung – die sogenannte Mehr-/Wenigerrechnung).
Einige Zeit später ergehen dann die geänderten Steuerbescheide aufgrund der Betriebsprüfung, sofern es Prüfungsfeststellungen gab. Sofern es erhebliche Prüfungsfeststellungen gab ist es nicht unüblich, dass später direkte Anschlussprüfungen durch das Finanzamt erfolgen. In den allermeisten Fällen hat man aber erst einmal wieder eine Zeitlang Ruhe.
Wenn Sie Fragen zum Ablauf einer Betriebsprüfung haben, können Sie mich gerne kontaktieren.